Das fängt ja gut an!

Liebe Eltern,

gestern hatten dann auch die Erstklässler ihren ersten regulären Schultag. Doch neben den vielen tollen Einschulungsfeiern sind gleich zum Schuljahresstart viele Dinge geschehen, welche absolut nicht feierlich sind.

Wir hatten uns bereits in der Sitzung Ende des letzten Schuljahres darauf verständigt, eine rasche Umsetzung der Kapazitätserweiterung an der Oberseeschule zu fordern.

In einer Ausschusssitzung des Ausschusses Schule- und Sport der BVV ging es auch vor den Ferien hoch her, da Schulstadträtin Frau Dr. Gocksch den MEB wieder infrage stellte. Die umliegenden Schulgemeinschaften, welche dringend auf Entlastung angewiesen sind, waren davon verständlicherweise nicht erfreut und machten ihrem Ärger Luft.

Dabei kommt das Ganze nicht ganz überraschend – hatten sich Herr Schaefer (CDU) und Herr Pätzold (CDU) doch vor der letzten Wahl für eine Verhinderung der Kapazitätserweiterung starkgemacht.

Ende August bekamen einzelne Schulleitungen von Fr. Dr. Gocksch eine kurzfristige Einladung um schulorganisatorische Maßnahmen zu besprechen. Der Plan der Schulstadträtin sah vor, für Klassenstufen aus der Schule am Orankesee in der Schleizer Straße eine Filiale zu eröffnen, ebenso für Klassenstufen aus der Brodowinschule. Zusätzlich sollte in der Schule an der Allee der Kosmonauten eine Filiale für Klassen aus der Gutenbergschule eröffnet werden. Zwischen den Schulen liegen teils über 3 km, welche Lehrkräfte hätten pendeln sollen. Auf dem kleinen Hortgrundstück gegenüber der Oberseeschule hätten 100 Schüler*innen zusätzlich Platz finden sollen in Stapelbauweise mit einer Gymnastikhalle (der MEB hätte 216 Plätze geboten). Eine Idee, welche vom Baustadtrat Herrn Hönicke ganz schnell wieder als nicht umsetzbar zurückgeholt wurde. Eine vorherige Absprache gab es hier nicht.

Es waren jedoch keineswegs alle betroffenen Schulleitungen eingeladen, so auch z.B. nicht die Schulleitung der Schleizer Str. an der nach Plan von Frau Dr. Gocksch ja drei Schulen unter einem Dach Platz finden sollten. Ebenfalls erst auf Wunsch der Schulleitungen hinzugezogen wurde die Lichtenberger Schulaufsicht, welche für schulinterne Maßnahmen dieser Art maßgeblich mit zuständig ist. Das Schulamt saß gar nicht mit am Tisch, obwohl genau dieses für die Schulplatzvergabe im Bezirk zuständig ist. Es schien auch nicht einmal eingeweiht in die Pläne. Auf Nachfragen zuvor wusste man von neuen Plänen dort noch nichts.
Selbstredend sahen die Schulleitungen in diesem Plan keine Entlastung. Schließlich würde statt einer Entlastung eine organisatorische Katastrophe auf sie zugekommen. Lehrkräfte hätten ständig zwischen den Standorten pendeln müssen und die Schüler*innen für viele Aktivitäten auch. Über Jahre aufgebaute Schulprogramme und andere schulische Konzepte wären teils für die Katz.

Ganz zu schweigen von der Schleizer Straße, welche noch immer Baustelle ist – weder Schulhof, Sporthalle noch Möbel hat. Ohne Möbelspenden aus einer anderen Schule wären hier nicht einmal die Räume für die Erstklässler bezugsfertig gewesen. Davon unbeirrt hätte die Schule umgehend voll belegt werden sollen – mit drei Schulen, und damit natürlich auch drei Kollegien etc., unter einem Dach. Der Aufbau eines vernünftigen Schulkonzeptes und einer eigenen Identität der neu gegründeten Schule in der Schleizer Straße wären damit nahezu unmöglich. Gebaut wurde die Schule um den Mehrbedarf durch das dort entstehende neue Wohnviertel abzudecken. Wo sollen diese Kinder dann in den Folgejahren Platz finden?

Während bei diesen Gesprächen noch von einer Idee die Rede war, wurde alles nahezu zeitgleich am Abend desselben Tages bereits als von Frau Dr. Gocksch beschlossen verkündet – ohne Zustimmung der Schulen, ohne Zustimmung der Schulaufsicht, gegen die immer wieder geäußerte fachliche Einschätzung und scheinbar auch ohne Wissen des Schulamtes, gegen einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung und ohne deren Wissen, gegen Beschluss des Bezirksamtes, gegen Beschluss des Bezirksschulbeirates, entgegen §13 Bezirksverwaltungsgesetz … Eingeweiht schienen lediglich die eigenen Parteikolleg*innen.

All das brachte Frau Dr. Gocksch aber nicht von ihrem Plan ab. Auf der folgenden BVV-Ausschusssitzung des Ausschusses Schule und Sport verteidigte sie ihren Plan, während draußen hunderte Lichtenberger Eltern und Lehrkräfte lautstark dagegen protestierten. Auch diese Sitzung hatte am Ende nur diesen einen inhaltlichen Tagesordnungspunkt und auch hier drückten Schulleitungen, Eltern, Schulaufsicht, BEA und BSB deutlich ihr Missfallen aus. Wie Frau Dr. Gocksch einräumte, bezeichnete ein Mitarbeiter der Schulaufsicht ihre Ideen bei besagtem Treffen ihr gegenüber sogar deutlich als „Schwachsinn“. Klatschen war auf der Sitzung verboten, aber in diesem Moment hat es bei vielen Anwesenden in den Händen erkennbar gezuckt. Jeder der länger dabei ist weiß, dass so eine klare Äußerung der Schulaufsicht zu einem politischen so aufgeladenen Sachverhalt selten, ja vielleicht einmalig, ist.

Die Verhinderung eines finanzierten, genehmigten und benötigten Ergänzungsbaus an der Oberseeschule ging dann im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses auch dem für Schulbau in Berlin zuständigen Staatssekretär Dr. Kühne (ebenfalls CDU) zu weit und empfahl ein Festhalten an der Umsetzung des MEBs.

Auch die anderen Fraktionen in der Zählgemeinschaft mit der CDU in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung konnten dem Treiben nicht länger zusehen und missbilligten in der letzten Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag das Verhalten von Schulstadträtin Frau Dr. Gocksch, woraufhin die CDU am Tag danach die Zählgemeinschaft mit Grünen und SPD aufkündigte.

Wie es in Lichtenberg nun weitergeht, werden wir sehen. Die Berliner Zeitung sprach am Samstag in ihrem Artikel „Geheimplan für die ‚Kuschelschule'“ von einem „Lehrstück über Demokratie und Widerstand“. Ob jedoch auch Lehren aus dem Lehrstück gezogen werden, muss sich noch zeigen. Zwar hat Frau Dr. Gocksch am Freitag ihren Bezirksamtskolleg*innen bekannt gegeben, die schulorganisatorischen Maßnahmen nicht weiterzuverfolgen. Zum MEB ist aber nichts bekannt. Angefragt bei der SenBJF ist so weit vielleicht noch immer eine Verlegung des MEBs.